Türchen 3

Erfundene Geschichten rund um das große Geschäft bei den Mädels. Hier könnt Ihr Eurer Fantasie freien Lauf lassen!
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bluemoon
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Türchen 3

Beitrag von bluemoon »

3.

Als ich am nächsten Morgen erwachte, schien die Sonne bereits auf mein Kammerfenster. Ich hatte die ersten Vorlesungen an der Uni verschlafen. Es war nicht das erste Mal.
In der Küche war meine Wirtin gerade dabei, Teigfladen auszurollen. Ich holte mir einen Krug Bier und den Teller mit dem Getreidebrei, den sie mir fürsorglich warm gestellt hatte und liess mich am Tisch nieder. Schweigend aß ich und vermisste wie immer einen ordentlichen Pott Kaffee.

Sie bearbeitete immer noch ihren Teig und lugte dabei durch ein kleines Loch, das sie in die Fensterbespannung geschnitten hatte, auf die Gasse hinaus.
„Ach, seht mal!“, rief sie, „der Prälat ist wieder aus Würzburg zurückgekehrt.“
Ich stand auf und trat hinter sie, spähte ebenfalls nach draußen und konnte einen Blick auf einen prächtig gekleideten Mann erhaschen, der einen lächerlich großen, grellbunten Hut trug.
Frau Rötlin seufzte und drängte ihr Hinterteil gegen meine Lenden.
Ich kannte diese Aufforderung bereits, lupfte ihre vielen Röcke und nahm sie stehend von hinten, während sie die Teiglinge mit Gemüse belegte. Den Rest des Tages verbrachten wir in meiner Kammer.

Ein paar Tage später kam mein „Marschbefehl“.
Als ich abends von der Uni nach Hause kam, saß ein Rotschopf in Frau Rötlins Küche – ich schätzte ihn auf höchstens siebzehn. Mit hochrotem Kopf und sehr verlegen war er sichtlich erleichtert, dass er den gesuchten Pirmin von der Grün endlich gefunden hatte. Madame Rötlin wirkte dagegen mürrisch und frustriert. Offensichtlich hätte sie ihn gerne noch vernascht, bevor ich auftauchte.
Grinsend nahm ich den verwirrten Jüngling mit nach oben und ließ mir ein eingerolltes Pergament aushändigen.
Kurz untersuchte ich das Siegel, das unversehrt war und die Planetenbahnen unseres Sonnensystems darstellte. Da im 14. Jahrhundert damit niemand etwas anfangen konnte, durfte ich sicher sein, dass die Nachricht echt war und wirklich von meinem Dienstherrn, der Tempus-Organisation, stammte.
Diese Kontrolle erübrigte sich allerdings, als ich das Pergament entrollte. Darauf prangte - in Arial und per Laserdrucker gesetzt - der folgende Text:
„Begeben sie sich unverzüglich nach Straßburg! Suchen sie dort den Münzer und Goldschmied Johannes Gensfleisch auf! Weitere Anweisungen folgen. Der Bote hat eine Schatulle mit Geld bei sich. Sammeln sie alle Belege ihrer Ausgaben!! Vernichten sie diese Nachricht umgehend nach Erhalt!“

Na toll! Der Text enthielt eindeutig zu viele Ausrufezeichen. Was dachten sich meine Chefs eigentlich? Sollte ich ein Taxi nach Straßburg nehmen und mir vom Fahrer eine Quittung ausstellen lassen? Vielleicht noch ein paar Parkscheine lösen?
Ich beschloss, mit der leichtesten Übung anzufangen: Dem Vernichten der Nachricht. Ich zerriss alles in kleinste Schnipsel, die ich später in Frau Rötlins Küchenfeuer werfen würde.
Dann sah ich mir den Boten genauer an. Prompt wurde das Bürschchen wieder rot.
Und dem hatten sie eine Geldschatulle anvertraut? Herr im Himmel! Dem wuchs ja noch nicht mal Flaum auf der Oberlippe.
Der Knabe schien zu spüren, was ich von ihm hielt.
„Ich bin bewaffnet, Herr, und habe gelernt, mich zu verteidigen“, sagte er hastig, während er mir die schmucklose, aber solide Holzschachtel hinhielt.
Nachdem ich den Inhalt überprüft hatte, war ich gnädiger gestimmt. Nach hiesigen Verhältnissen war ich nun ziemlich gut betucht.
Das Bübchen hatte seinen Auftrag brav ausgeführt und meinen Ärger nicht verdient.
„Na, dann vielen Dank! Hast du schon eine Unterkunft für heute Nacht?“
„Nein, Herr, noch nicht.“
Inzwischen war es draußen dunkel geworden und es bestand wenig Aussicht, dass er noch einen Wirt herausklopfen konnte, der ihm Unterschlupf gewährte.

„Hier im Haus sind alle Zimmer belegt“, sagte ich, „soll ich Frau Rötlin fragen, ob sie in ihrem Bett etwas zur Seite rückt?“ Entsetzen machte sich in seinem Gesicht breit. „L … lieber nicht …“, stammelte er.
Ich lachte. „War nur ein Scherz. Du kannst hier schlafen“, fuhr ich fort und zeigte auf mein Bett, „so übel ist die Rötlin übrigens gar nicht. Da könntest du sicher noch einiges lernen. Kannst ja immer noch das Zimmer wechseln, falls ich schnarche.“
Womöglich wurde er nun noch röter.

„Wie heißt du eigentlich?“, fragte ich, um ihn abzulenken.
„Antoine d’Amiens, Herr.“
„Ah, tu parles français?“
„Nein, Herr“, antwortete er verlegen, „ich bin bei meinem Onkel aufgewachsen. In Mainz am Rhein.“
„Also bist du eher ein Anton, als ein Antoine“, stellte ich fest, „und lass mal das ‚Herr‘ weg. Ich bin nur ein Student und nach deiner Nachricht heute nicht einmal mehr das.“ Ich gähnte. „Lass uns schlafen.“

Wie immer pisste ich im Stehen in den Nachttopf – ich hatte darin inzwischen ein beachtliches Geschick entwickelt, wie ich voller Stolz sagen kann –, streifte meine Beinkleider ab und haute mich aufs Ohr.
Erstaunt bemerkte ich, dass Antoine den Pisspott hinter einen Raumteiler trug und dort sitzend sein Geschäftchen verrichtete. Schamhaft war das Knäblein also auch noch.
Im Morgengrauen wurde ich wach, weil mir jemand in den Nacken pustete. Der Junge hatte sich im Schlaf an meinen Rücken gekuschelt und einen Arm über mich gelegt. Vorsichtig befreite ich mich von ihm und rutschte zur Seite. Irgendwie kam er mir so jung und verletzlich vor wie ein Hundewelpen. Wenn ich nicht aufpasste, würde ich ihm gegenüber womöglich noch Vatergefühle entwickeln.

Nach dem Frühstück, bei dem Madame Rötlin immer noch sauertöpfisch dreinblickte, schlenderte ich in die Stadt, um mir ein Pferd zu kaufen. Geld hatte ich genug und irgendwie musste ich ja nach Straßburg kommen. Antoine hatte sich mir ungefragt angeschlossen. Langsam wurde er lästig, da er wie eine Klette an mir zu hängen schien.
„Sag mal, Anton, wird es nicht langsam wieder Zeit für dich, nach Hause zu gehen? Du hast deinen Auftrag ja ausgeführt“, fragte ich nicht gerade einfühlsam. Prompt ließ er den Kopf hängen.
„Könnte ich nicht mit Euch nach Straßburg kommen? Ich wäre Euch als Knappe sicher nützlich“, bat er fast flehend.
„Das ist ausgeschlossen!“, entgegnete ich barsch. Das fehlte mir noch, dass ich mich mit einem empfindlichen Teenager abplagen musste. Trotzdem folgte er mir weiterhin.
Ich beschloss, ihn vorläufig zu ignorieren und später vor die Tür zu setzen.
Benutzer 2042 gelöscht

Re: Türchen 3

Beitrag von Benutzer 2042 gelöscht »

Was für eine herzerfrischende verwirrte Mischung!

Von: "ich kannte diese Aufforderung bereits, lupfte ihre vielen Röcke und nahm sie stehend von hinten, während sie die Teiglinge mit Gemüse belegte" . . . bis hin zu: "in Arial und per Laserdrucker gesetzt" . . . wie kommt man nur auf solch geniale Mischungen? Toll!
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