de krullen van Amsterdam

[the ghost]

Kennt Ihr eigentlich das Wahrzeichen von Amsterdam – die grünen „plaskrullen“ (übersetzt: „Pinkel-Locken“)? Das sind die dortigen Bedürfnisanstalten. Sie bestehen aus einer „plasplate“ (auf deutsch: Pinkelplatte), einem dünnen aufrecht stehenden Stein, an dem der Urin herunterläuft und an dessen Fuß sich ein Abfluss befindet. Drumherum befindet sich ein schneckenförmiger Sichtschutz aus Blech, der auf Stelzen steht.

Andere öffentliche Toiletten gibt es im Stadtgebiet nicht – auch nicht für große Geschäfte; allenfalls bleibt die Flucht in die örtliche Gastronomie, die aber horrende Kurse hat und sich das „Örtchen“ nochmal extra bezahlen lässt. Dafür sind aber 39 Stück davon im Stadtgebiet verteilt (ähnlich dicht wie bei uns die Papierkörbe) und es ist immer eins in der Nähe. So hält man dort preiswert die Stadt sauber. Putzfrauen, Reinigungsmittel, Klopapier oder Papierhandtücher sind überflüssig. Der nächste Regen macht’s. Überflüssig sind auch Türen, da durch die Stelzen die Beine sichtbar sind, so dass von weitem erkennbar ist, ob die Krulle besetzt ist. An der Fußstellung ist auch erkennbar, ob eine männliche oder eine weibliche Person drin ist. Alle intimen Stellen sind durch den Sichtschutz verdeckt. Eigentlich eine preiswerte und wirkungsvolle Lösung, von der sich andere Stadtväter eine Scheibe von abschneiden könnten.

Die aus dem 19. Jahrhundert stammenden Krullen sind aber in die Jahre gekommen und drohten zu verfallen: Die Stahlkonstruktionen rosteten durch, „plasplaten“ waren umgefallen, zerbrochen oder verdreckt. Die Krullen wurden zum Schandfleck und die Stadt Amsterdam überlegte, sie zu entfernen und durch moderne High-Tec-Toiletten aus Beton und Edelstahl zu ersetzen, wie man sie bereits aus anderen Städten kennt (und überall sind sie kostenpflichtig).
Aber da bot sich eine Amsterdamer Baufirma an, alle 39 Krullen zu sanieren. Das ist ihnen auch geglückt und die Einrichtungen sind in neuem Glanz erstrahlt. Dazu hat die Firma auch eine schöne Broschüre im PDF-Format – allerdings auf holländisch – herausgegeben. Ladet sie Euch mal runter.

[jonas007]

aber wenn sich die frauen da hinhocken meinst nicht das man da was sieht? so weit wie die nach unten auf sind?

[the ghost]

aber wenn sich die frauen da hinhocken meinst nicht das man da was sieht?

Geht nicht. Dabei würden sie auch nicht den Abfluss treffen, sondern den ganzen Boden einsauen. Abgesehen von dem schönen Striptease.

Alternative öffentliche Damentoiletten gibt es aber nicht. Die Damen können nur die Jeans soweit runterziehen, dass sie damit hinter dem Sichtschutz bleiben. Und dann vorne bücken und hinten spritzen. Den waagrecht liegenden Oberkörper sieht ja auch von außen keiner. Nur zeigen die Füße "anders herum" als bei den Herren. Und daran kannst Du von außen schon sehen, ob die Krulle von einer männlichen oder einer weiblichen Person in Benutzung ist. Aber auf die krumme Idee, dann "mal nachzuschauen", kämen nur so aufgegeilte deutsche Touristen; für die Niederländer gilt da ein "Anstandsgebot".

Es gibt übrigens "Eenpersoonskrullen" (Ein-Personen-Krullen) und "Tweepersoonskrullen" (2-Personenkrullen). Eine Tweepersoonskrulle besteht praktisch aus 2 Eenpersoonskrullen nebeneinander, die im Eingangsbereich eine gemeinsame Wand als Trennwand haben. Diese Tweepersoonskrullen haben auch ein Dach, während Du in einer Eenpersoonskrulle bei Regen nass wirst. Aber auch die Tweepersoonskrulle ist kein Massenpissoir, sondern besteht aus 2 Einzelkabinen mit 2 nebeneinanderliegenden, aber separaten Eingängen, so dass "keiner dem anderen etwas weggucken" kann. Die beiden Eingänge sind aber auch nicht mit "Heren" und "Dames" gekennzeichnet - wahrscheinlich, um eine größere Flexibilität zu gewährleisten.

Die Renovierungsaktion fand übrigens - nach 5 jähriger Verhandlung mit der Stadtverwaltung - in den Jahren 2006-2008 statt und 2010 wurde die Amsterdamer Innenstadt zum Weltkulturerbe erklärt. Die Krullen gehören somit zum Stadtbild und damit auch mit zum Weltkulturerbe. Sie sind deshalb ein Wahrzeichen von Amsterdam.

Warum baut man sowas in deutschen Städten eigentlich nicht nach? Der Aufwand dafür ist doch recht gering. Die Krullen haben übrigens auch noch den Vorteil, dass ihre Benutzung völlig kostenlos ist (im Gegensatz zur Gastronomie in Amsterdam - da wirst Du fürs Pinkeln kräftig abgezockt).

[the ghost]

Aber auf die krumme Idee, dann "mal nachzuschauen", kämen nur so aufgegeilte deutsche Touristen; für die Niederländer gilt da ein "Anstandsgebot".

Diesen Satz muss ich nochmal aufgreifen, denn das ist ein Thema für sich. Wie weit geht bei Euch eigentlich der Spaß und die Toleranz? Ich halte derartige "Scherze" für einen schweren Eingriff in die Privatsphäre. Wenn eine Frau dort ihre Füße präsentiert, signalisiert sie damit der Öffentlichkeit, dass sie hinter diesem Sichtschutz ungestört Pipi machen möchte und andere davon abhalten, währenddessen diese Einrichtung zu betreten. Wenn sie sich dabei von Spannern begaffen lassen wollte, könnte sie auch gleich auf offener Straße schiffen. Sinn und Zweck der Einrichtung ist es nämlich, Diskretion zu gewährleisten (darum ist auch nur verdeckt, was verdeckt sein muss).

Das wäre in meinen Augen das gleiche, als wenn Du Besuch empfängst, keinen Schlüssel für Deine Klotür hättest und stattdessen außen an die Klinke ein Schild "frei" und "besetzt" zum Rumdrehen hängen würdestst. Sobald eine Frau aufs Klo geht und das Schild auf "besetzt" dreht, wartest Du 30 Sekunden und "besuchst" sie auf dem stillen Örtchen.

Wie seht Ihr das?

[the ghost]

Warum baut man sowas in deutschen Städten eigentlich nicht nach? Der Aufwand dafür ist doch recht gering. Die Krullen haben übrigens auch noch den Vorteil, dass ihre Benutzung völlig kostenlos ist (im Gegensatz zur Gastronomie in Amsterdam - da wirst Du fürs Pinkeln kräftig abgezockt).

Da hat sich bis jetzt noch niemand zu geäußert.

[Schneewittchen]

Hi Ghost,

Alternative öffentliche Damentoiletten gibt es aber nicht. Die Damen können nur die Jeans soweit runterziehen, dass sie damit hinter dem Sichtschutz bleiben. Und dann vorne bücken und hinten spritzen. Den waagrecht liegenden Oberkörper sieht ja auch von außen keiner. Nur zeigen die Füße "anders herum" als bei den Herren. Und daran kannst Du von außen schon sehen, ob die Krulle von einer männlichen oder einer weiblichen Person in Benutzung ist. Aber auf die krumme Idee, dann "mal nachzuschauen", kämen nur so aufgegeilte deutsche Touristen; für die Niederländer gilt da ein "Anstandsgebot".

Es gibt übrigens "Eenpersoonskrullen" (Ein-Personen-Krullen) und "Tweepersoonskrullen" (2-Personenkrullen). Eine Tweepersoonskrulle besteht praktisch aus 2 Eenpersoonskrullen nebeneinander, die im Eingangsbereich eine gemeinsame Wand als Trennwand haben. Diese Tweepersoonskrullen haben auch ein Dach, während Du in einer Eenpersoonskrulle bei Regen nass wirst. Aber auch die Tweepersoonskrulle ist kein Massenpissoir, sondern besteht aus 2 Einzelkabinen mit 2 nebeneinanderliegenden, aber separaten Eingängen, so dass "keiner dem anderen etwas weggucken" kann. Die beiden Eingänge sind aber auch nicht mit "Heren" und "Dames" gekennzeichnet - wahrscheinlich, um eine größere Flexibilität zu gewährleisten.

da war ich selbst schon drin.

Begeistern kann ich mich aber nicht dafür. Mich ärgert, wenn solche Einrichtungen nur für Männer geschaffen und die Interessen von Frauen völlig außer Acht gelassen werden. Die Niederländer sind da ja wenigstens noch so tolerant, uns größzügigerweise die Mitbenutzung zu gestatten. In Deutschland würden die Männer hier "ihr Territorium gegen Eindringlinge" verteidigen und gar nicht erst zulassen, daß eine Frau so ein Ding betritt. Oder die Spanner würden hinterherlaufen.
Bei Frauen ist aber auch manches anderes als bei Männern und beim pinkeln aus 80 cm Höhe platscht es ganz ekelig. Unisex ist nicht alles, was so kekennzeichnet ist.

Warum baut man sowas in deutschen Städten eigentlich nicht nach? Der Aufwand dafür ist doch recht gering. Die Krullen haben übrigens auch noch den Vorteil, dass ihre Benutzung völlig kostenlos ist (im Gegensatz zur Gastronomie in Amsterdam - da wirst Du fürs Pinkeln kräftig abgezockt).

Das mit der Abzocke ist ein anderes Thema. Nachbauen? Grundsätzlich keine schlechte Idee. Nur dann auch von der Bauart her Rücksicht auf Frauen nehmen. Und der Geruch darin ist auch nicht der Beste, obwohl sie oben offen sind. Auch dafür gibt es heute technische Möglichkeiten.

Aber noch schlimmer sieht es in Belgien aus.

LG Svenja

[the ghost]

Nur dann auch von der Bauart her Rücksicht auf Frauen nehmen.

Und wie soll das konkret aussehen?

[Schneewittchen]

Und wie soll das konkret aussehen?

Hi Ghost,

es fehlt hier eine Art Becken unterm Hintern. Die Sendung geht auf den Boden und das ist eine Schweinerei.

LG Svenja

[Adelheid]

Hallo Svenja,
Da wären wir dann wieder beim Damenurinal. Es sollte auch so gebaut sein, dass es auch für große Geschäfte geeignet ist.

Viele Grüsse Adelheid

[the ghost]

Hier seht Ihr sie mal in Aktion!

Warum baut man sowas in deutschen Städten eigentlich nicht nach? Der Aufwand dafür ist doch recht gering.

Doch. Inzwischen in Hamburg. Ich glaube aber nicht, dass so eine Krulle 30.000 € kostet wie so ein Luxus-Pissoir in Hamburg. Und wartungsintensiv sind die Dinger auch noch.

In Essen hat man übrigens auch so ein Ding gebaut und nachher festgestllt, dass es nicht unisextauglich war, weil die Monteure das Edelstah-Becken auf Herrentoiletten-Niveau montiert hatten. Da es sich aus technischen Gründen nicht mehr tiefer hängen ließ, hat man dann - ebenfalls aus Edelstahl - eine 15 cm hohe Stufe darunter gebaut. Über die Kosten dafür zanken sich Stadtverwaltung und bauausführende Firma noch.